
01.01.2009 / Meier
Der Mannheimer OB setzt auf moderne Funktionalität
AMTSSTUBE 09
Geschlagene 24 Jahre umgab sich der Mannheimer Oberbürgermeister Gerhard Widder mit den gleichen Möbeln – die er von seinem Vorgänger übernommen hatte. “1980 sahen Büromöbel natürlich anders aus als 2007”, sagt sein Nachfolger Peter Kurz, der den ganzen OB-Bereich mit acht Arbeitsplätzen im Mannheimer Rathaus direkt nach Amtsantritt komplett umgestalten ließ, um eine “moderne, sachliche Arbeitsatmosphäre” zu schaffen, “die den Repräsentationszwecken eines Oberbürgermeisters genügt”. Als “Amtsstube” kann man Kurz’ Büro wirklich nicht bezeichnen. Eine “Sitzecke” mit einem Glastisch, zwei dunklen Ledersofas und einem Sessel des italienischen Herstellers Frigerio dominiert den Raum. Hier werden “sämtliche Gespräche in kleiner Runde” geführt. Der Schreibtisch – das von Stararchitekt Norman Foster für Tecno entworfene Modell “Nomos” – und der PC-Arbeitsplatz stehen im Hintergrund, und das “erfüllt seine notwendige Funktion völlig”, sagt Kurz. Ein Drittel seiner Arbeitszeit verbringt er nach eigener Schätzung in seinem Büro und dem dazugehörigen Sitzungszimmer.
Mit der Gestaltung hat die Stadtverwaltung den Mannheimer Innenarchitekten, Innenausstatter und Geschäftsführer des Einrichtungshauses Reuter + Schmidt, Mathias Reuter, beauftragt – vom Farb-, Licht- und Akustikkonzept bis zur Auswahl der Möbel und des Bodenbelags. Dem fallen für den neu gestalteten Bereich die Adjektive “offen”, “modern”, “ruhig”, “positiv” und “zurückhaltend” ein. Fast ein Jahr lang arbeitete er an den Amtsräumen. Die mussten nicht nur verschönert, sondern generalsaniert werden – inklusive Elektronik und Einbau einer Klimaanlage. Insgesamt hat die Neugestaltung nach Angaben des OB-Dezernats “den städtischen Haushalt mit rund 250.000 Euro belastet”.
Die Investition dürfte sich rechnen – wenn es stimmt, was Reuter annimmt: dass man in einem Wohlfühl-Umfeld nicht nur lieber arbeitet, sondern auch effizienter. “Die Trennung zwischen Arbeits- und Wohnwelt wird immer mehr aufgehoben”, sagt er. “Und deswegen haben viele Büros eine Wohn-Arbeitsatmosphäre.” Es sei nicht mal notwendig, viel Geld auszugeben – “man muss nur Stil und Geschmack darauf verwenden”. Dann brauche man auch keinen Schnickschnack. Familienfotos oder Kinderbilder gibt es hier tatsächlich nicht – zumindest nicht sichtbar für Besucher. Repräsentativ im offenen weißen Bücherschrank angeordnet, zeigt der Oberbürgermeister dagegen seine Lektüre: Werke zur Mannheimer Stadtgeschichte, Kunstbücher, Ausstellungskataloge und Lexika.
Funktionalität ist das oberste Prinzip – und das Accessoire auf dem Glastisch auch kein Aschenbecher: “Was auf dem Glastisch steht, ist ein aschenbecherähnliches Behältnis für portionierte Kaffeemilch und Zucker”, sagt Kurz. “Selbstverständlich wird hier nicht geraucht.” Das hätte man sich eigentlich denken können. NICOLE HEß. FOTO: DANIEL LUKAC